Berufsgeschichten: Fachfrau Gesundheit (FaGe) EFZ

Corina Ammann ist seit August 2010 bei der Spitex Birseck tätig. Sie begann ihre berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung als Fachfrau Gesundheit EFZ bei der Spitex Münchenstein (vor der Fusionierung, heute: Spitex Birseck) und sammelte erste Berufserfahrungen als FaGe. 2017 Absolvierte die junge Mitarbeitende eine Weiterbildung als Berufsbildnerin. 

 In einem Interview lässt sie uns an ihren Berufserfahrungen teilhaben. Warum sich für sie ein "typischer Arbeitstag" nach all den Berufsjahren per se nicht einstellt und was sie an ihrer Tätigkeit als FaGe besonders schätzt erfahren Sie hier:

Start in den Arbeitstag einer FaGe

Um kurz nach 6.45 Uhr treffe ich in der Garderobe an unserem Standort in Münchenstein ein und ziehe mein Arbeits-Shirt über. In unserem Spitex-Grossraumbüro angekommen, tausche ich mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus. Pünktlich um 7.00 Uhr ist Arbeitsbeginn. Über Neuigkeiten in Bezug auf allfällige Krankheitsausfälle und Umplanungsmassnahmen wird informiert und entsprechend koordiniert. Das Einlesen in die elektronische Klientendokumentation und den Verlaufsbericht sowie der Pflegeplanung, als wesenlticher Bestandteil unserer Arbeit, bevor es in die Einsätze geht. Dabei rufe ich zunächst meinen Arbeitsplan für den heutigen morgen auf und prüfe, welche Klientinnen- und Klienteneinsätze mir von unserer Disposition/Planung zugeteilt wurden. Ausgerüstet mit unserer Spitex-Tasche und allfälligen Materialien und Medikamenten steige ich in unser Spitex-Dienstauto. Ein sorgfältiger und nachsichtiger Umgang mit unseren Spitex-Fahrzeugen ist uns sehr wichtig. Vor und nach jedem Einsatz prüfen wir das Auto auf allfällige Mängel. Der erste Einsatz am heutigen morgen führt mich zu Frau M.* (Name aus Datenschutzgründen geändert), wohnhaft in Arlesheim.

Der erste Tageseinsatz als FaGe EFZ

Frau M.* hat aufgrund eines Sturzes eine Unterarmfraktur erlitten. Das Spital hatte sie bei uns angemeldet. Das Medikamentenmangement übernimmt ihre Tochter. Anfallenden Tätigkeiten und Aufgaben im Bereich Haushalt und Pflege möchte Frau M.* so weit wie möglich selbst übernehmen. Während des Einsatzes wird allerdings schnell deutlich, dass meine Unterstützung bei der Körperpflege benötigt und zugleich dankend angenommen wird. Da Frau M.* während ihres Spitalaufenthalts nicht duschen konnte, suchen wir zunächst gemeinsam eine wasserdichte Tüte, um den Gips vor Nässe zu schützen. Nach der darauffolgenden Körperpflege unterstütze ich bei der Kleiderwahl und Ankleidung. Während den gemeinsamen Vorbereitungen für Frau M.s* Frühstück kommen wir ins Gespräch. Die Anfängliche Unsicherheit und Hemmschwelle meiner Klientin verflüchtigen sich. Frau M.* teilt mir ihre Tagesstruktur in ihrem gewohnten Umfeld zuhause mit, sowie ihre persönlichen Wünsche und Vorstellungen in Bezug auf unsere gemeinsame Zusammenarbeit für diesen und die darauffolgenden Einsätze. Nach dem ich mich vergewissert habe, dass Frau M.* alles hat, was sie für den heutigen Tag benötigt ( z.B. öffnen von Flaschen), verabschiede ich mich von ihr.   

Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz

Da es sich bei Frau M.* um einen Ersteinsatz handelte, erfasse ich unseren Standards entsprechend in unsere elektronischen Dokumentation detailliert. Unsere Pflegefachfrau HF hat nun orts- und zeitunabhängig die Möglichkeit, sich umfassend über den erfolgten Einsatz zu informieren und entsprechende Vorbereitungen und Massnahmen zu treffen. Während des nächsten Einsatzes wird bei Frau M.* eine erste Bedarfsabklärung erfolgen. Damit beginnt die Beobachtungsphase bei Frau M.*. Diese dauert in der Regel zwei Wochen. Auf der Grundlage eines Verlaufsberichts werden einerseits weitere wesentliche Vorbereitungen für die anstehenden Einsätze vorgenommen. Andererseits sind wir dazu verpflichtet unsere Leistungen gegenüber Krankenkassen transparent zu machen. 

Während der gesamten Einsatzzeit steht unsere Klientin mit ihrem individuellen Bedarf in ihrem persönlichen Umfeld zuhause im Fokus. Wir reagieren unmittelbar auf allfällige körperliche und psychische Veränderungen, mit dem Ziel bedarfsorientiert zu unterstützen, anzuleiten und ihre Autonomie so weit wie möglich zu fördern und erhalten.

Spitex heisst "Improvisation"

Sind während der Einsätze bei unseren Klientinnen und Klienten nicht vorhersehbare Veränderungen zu erkennen (plötzlich auftretende körperliche Symptome oder psychische Veränderungen) ist Flexibilität, Improvisation und schnelles Handlungsvermögen gefragt. Beim nächsten Einsatz an diesem Tag finde ich Herrn K.* mit akuten Schmerzen vor. Seine Wunde hatte sich in den letzten Stunden entzündet. Nachdem ich mir einen Überblick über Hr. K.s* Zustand verschaffen kann wird schnell klar, dass eine Pflegefachfrau HF aufgeboten werden muss. Unsere diplomierte Wundexpertin ist heute zunächst für einen anderweitigen Einsatz geplant. Gemeinsam mit dem Leitungsteam und unserer Disposition wird eine Änderung in unserer komplexen Einsatzplanung vorgenommen. Trotz des allgemein hohen Leistungsaufkommens und der beschränkten Mitarbeiteranzahl gelingt es uns, auf Herrn K.s* akuter Klientensituation entsprechend zu reagieren, um zu planen und zu handeln. Über mein Diensthandy entnehme ich im späteren Tagesverlauf, welche Massnahmen unsere diplomierte Wundexpertin bei Herrn K. vorgenommen hatte. Im persönlichen Austausch mit unserer Wundexpertin erfahre ich später weitere Details.

Typischer Arbeitsalltag? Nicht bei der Spitex!

Die darauffolgenden Einsätze an diesem Tag beinhalten überwiegend Tätigkeiten aus der Grund- und Behandlungspflege: Unterstützung und Anleitung bei der Mobilisation, Kompressionsstrümpfe anziehen, Medikamentenmanagement und Körperpflege. 

Trotz meiner langjährigen Berufserfahrung bei der Spitex stellte sich ein "typischer Arbeitsalltag" im allgemeinen Verständnis nie ein. Ich begleite Klientinnen und Klienten sowohl kurzfristig, wie beispielsweise nach der Rückkehr nach einem Unfall und einem Spitalaufenthalt. Aber auch langfristige Einsätze in allen Lebensphasen sind Teil meiner täglichen Tätigkeitsbereiche. Dabei steht der betroffene Mensch jeden Alters in seinem individuellen sozialen, gewohnten und persönlichen Umfeld im Mittelpunkt. Wir nehmen unsere Klientinnen und Klienten ganzheitlich wahr, respektieren ihre Gewohnheiten und Anliegen so weit wie möglich und sind in der Lage auf komplexe Klientensituationen und unvorhergesehene Gegebenheiten einzugehen und entsprechend zu reagieren.

Feierabend nach einem ereignisreichen Arbeitstag

Als ich die letzten Eintragungen des Verlaufsberichts nach meinem zuletzt anstehenden Tageseinsatz vornehme trete ich den Rückweg ins Spitex Zentrum an. Im Grossraumbüro angekommen, schätze ich den regen Austausch unter den Kolleginnen und Kollegen. Ich rekapituliere zudem die heutige Einsatztour: Welche Medikamente müssen bestellt werden und welche Materialien müssen gerichtet werden? Allfällige besonderen Vorkommnisse und Anliegen werden der zuständigen Fallführenden persönlich oder per Mail mitgeteilt.

Nachdem ich alle Vorbereitungen für den Folgeeinsatz getroffen habe, freue ich mich bereits auf die mir für den morgigen Tag zugeteilte langjährige Klientin Frau S*. In der Garderobe angekommen, lege ich mein Arbeitsoutfit und schliesse damit auch meine nachhängenden Gedanken des heutigen Arbeitstages ab. 

Wertschätzung und Austausch im Netzwerk der Spitex

Den Austausch mit der fallführenden Mitarbeiterin, den Teams und externen ambulanten Institutionen und Anlaufstellen schätze ich sehr. Es gibt mir ein gutes Gefühl, Teil einer stabilen Versorgungskette zu sein und unsere Klientinnen und Klienten in ihrem gewohnten zuhause vertrauensvoll zu unterstützen und pflegen. Ich nehme unsere Arbeit als gesellschaftlich wichtige und notwenige Aufgabe wahr. In Zusammenarbeit mit den Klientinnen, Klienten, Angehörigen und allen beteiligten betriebsinternen und externen Personen begegne ich im Allgemeinen stets mit gegenseitiger Wertschätzung und Anerkennung. Ich empfinde dies als berufliche und persönliche Bereicherung.

Des Weiteren schätze ich die Möglichkeit mich bei der Spitex Birseck kontinuierlich weiterzubilden. Ganz besonders freue ich mich auf die anstehende Weiterbildung in der Wundbehandlung.

Herzlichen Dank für das spannende und eindrückliche Interview. Wir wünschen Ihnen weiterhin alles erdenklich Gute!

 

Hier geht es zurück zu den Erfahrungsberichten.